Britta E. Buhlmann, Pfalzgalerie Kaiserslautern, Textauszug aus dem Katalog „Schnittstellen“ (1996)
Bild: QU 5 2010 | Granodiorit quarzaderdurchzogen | behauen, sandgestrahlt, gebürstet |
10 x 11 x 12 cm und 12 x 13 x 14 cm
Picture: QU 5 2010 | Granodiorite with quarzveins | worked off, sandblasted, brushed |
10 x 11 x 12 cm and 12 x 13 x 14 cm
Dr. Britta E. Buhlmann, "Schnittstellen" 1996
Jochen Kitzbihler stellt Bezüge her. Material, Raum und Zeit sind seine wichtigsten Arbeitsgrundlagen. Eine Plastik ist für den Künstler eine Position, eine Station im Raum. Sie muss in jeder Situation neu hinterfragt und gestaltet werden. Anders als bei großformatigen Steinarbeiten oft üblich, betrachtet Jochen Kitzbihler seine Werke nicht als einmalige Setzungen und deshalb auch nicht als etwas Endgültiges. Obgleich er mit seinen voluminösen und gewichtigen Steinen im schieren Gegensatz zu den feingliedrigen Plastiken Lissitzkys steht, nähert sich seine Haltung dessen Verständnis von Skulptur als einem Prozess des Werdens. Manche von Kitzbihlers Plastiken wirken – auch wenn sie durch den musealen Raum als fertig Gedachte definiert werden – so, als seien sie gerade im Entstehen begriffen. Vielleicht trifft der Künstler in der nächsten Raumsituation eine andere Entscheidung. Eine Wertigkeit zwischen rohen, in feinen Farbnuancen patinierten und geschnittenen Seiten oder solchen mit bzw. ohne Bohr- oder Markierungsspuren legt er jedenfalls nicht fest. Arbeitsspuren werden ebenso sichtbar belassen wie Alterungsprozesse, 0xydation und Beschädigungen, die mehr oder weniger absichtslos den Stein auch als verwundbar zeigen. Eine eigentümlich stille Kontinuität wird spürbar. Kitzbihler bedient sich weitestgehend einer minimalistischen Formensprache. Er arbeitet mit den Eigenheiten des Materials und bringt sie durch geringe Eingriffe in besonderer Weise zur Geltung. Drehen, wenden, kippen – die Ebenen kommen in Bewegung. Ursache und Wirkung bleiben in diesem Prozess offen. Richtig und falsch entfallen als Kriterien. Vielmehr entsteht ein Spannungsfeld, in dem die Relativität als eine der Grundbedingungen des Werkes von Jochen Kitzbihler deutlich wird. Wie früher die Menhire und die Obelisken vermitteln seine Arbeiten eine räumlich-sinnliche Erfahrung und definieren wie diese Räume der Ruhe und der Stille, in denen Geistigkeit sich entfalten kann.
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